EUR-Lex Der Zugang zum EU-Recht

Zurück zur EUR-Lex-Startseite

Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 52005AB0004

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 17. Februar 2005 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates zur Neufassung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (CON/2005/4)

ABl. C 52 vom 2.3.2005, S. 37–46 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

2.3.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 52/37


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 17. Februar 2005

auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates zur Neufassung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten

(CON/2005/4)

(2005/C 52/10)

1.

Am 15. September 2004 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Rat der Europäischen Union um Stellungnahme zu einem Vorschlag für zwei Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates (1) ersucht: Die erste Richtlinie (nachfolgend der „Bankenrichtlinienvorschlag“) ist eine Neufassung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (2) und die zweite Richtlinie (nachfolgend der „Kapitaladäquanzrichtlinienvorschlag“) ist eine Neufassung der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (3) (nachfolgend zusammen die „Richtlinienvorschläge“).

2.

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 105 Absatz 4 erster Gedankenstrich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, der vorsieht, dass die EZB zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaft in ihrem Zuständigkeitsbereich gehört wird. Die Richtlinienvorschläge enthalten Bestimmungen, die für die Solidität und Stabilität des Finanzsystems von wesentlicher Bedeutung sind. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

3.

Die Richtlinienvorschläge sind wesentliche Bestandteile des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen. Sie zielen darauf ab, die bestehenden Rechtsvorschriften für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen zur Kapitaladäquanz zu modernisieren. Die Richtlinienvorschläge gewährleisten die einheitliche Anwendung der überarbeiteten Rahmenvereinbarung über Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen für international tätige Banken (4) (nachfolgend „Basel II“) innerhalb der EU. Diese überarbeitete Rahmenvereinbarung wurde im Juni 2004 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht („Basel Committee on Banking Supervision“, BCBS) beschlossen und von den Zentralbankpräsidenten und Leitern der Bankaufsichtsbehörden der Zehnergruppe verabschiedet. Die Richtlinienvorschläge sehen insbesondere einen umfassenderen und risikosensitiveren Ansatz vor, der zur Verbesserung des Risikomanagements der Finanzinstitute beiträgt. Dies fördert die Stabilität des Finanzsystems, erweckt Vertrauen in die Finanzinstitute und stärkt den Verbraucherschutz.

4.

In ihren bisherigen Beiträgen (5) hat die EZB die in den vergangenen Jahren geleistete Arbeit des BCBS und der Europäischen Kommission zur Schaffung eines überarbeiteten Kapitaladäquanz-Regelwerks für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen sehr unterstützt. Die EZB begrüßt, dass der BCBS eine endgültige Einigung über Basel II erzielt hat. Darüber hinaus begrüßt die EZB, dass die Kommission kurze Zeit danach Vorschläge verabschiedet hat, die eine einheitliche und rechtzeitige Umsetzung von Basel II durch international tätige Banken und Wertpapierfirmen in der EU gewährleisten und ebenso den in Basel II enthaltenen Ansatz auf andere EU-Finanzinstitute erweitern, wobei den spezifischen Merkmalen dieser Finanzinstitute Rechnung getragen wird.

5.

Die EZB ist überzeugt, dass die Richtlinienvorschläge die Solidität und Stabilität des Bankensystems in der EU durch die Anwendung differenzierterer und risikosensitiverer Eigenkapitalvorschriften erheblich stärken werden, wenn die Mitgliedstaaten die Richtlinienvorschläge ordnungsgemäß umgesetzt haben. Die EZB betont deshalb, dass sie die Richtlinienvorschläge generell befürwortet. Unbeschadet dieser generellen Einschätzung hat die EZB zu den Richtlinienvorschlägen und deren künftigen Anwendung (6) jedoch eine Reihe allgemeiner und spezifischer Anmerkungen.

ALLGEMEINE ANMERKUNGEN

Rechtsinstrumente für eine einheitliche Umsetzung in der gesamten EU

6.

Die EZB hat mehrfach, insbesondere in ihrer Stellungnahme CON/2004/7 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über Ausschussstrukturen (7), die Empfehlungen der Interinstitutionellen Beobachtungsgruppe („Inter-institutional Monitoring Group“) befürwortet, Rechtsakte der Gemeinschaft auf Stufe 1 auf Rahmenprinzipien zu beschränken und auf Stufe 2 so häufig wie möglich von Verordnungen Gebrauch zu machen. Der Vorschlag für eine Richtlinie über Ausschussstrukturen zielt darauf ab, eine Reihe geltender Richtlinien der Gemeinschaft dahingehend zu ändern, dass die „Lamfalussy-Methode“ zur Rechtsetzung im Finanzsektor vom Wertpapierbereich auf den gesamten sonstigen Finanzsektor ausgeweitet wird. Die EZB vertritt in Absatz 6 der Stellungnahme CON/2004/7 die Auffassung, dass die Umsetzung der Empfehlungen der Interinstitutionellen Beobachtungsgruppe nach und nach dazu führen könnte, dass Stufe-2-Rechtsakte zum Hauptwerk derjenigen technischen Vorschriften werden, die auf Finanzinstitute in der EU anwendbar sind.

7.

In gleichen Sinne hat die EZB in ihren Anmerkungen zum Dritten Konsultationspapier vorgeschlagen, zur Umsetzung von Basel II die technischen Anhänge der Richtlinienvorschläge unmittelbar als Stufe-2-Maßnahmen und, wenn dies mit der für die nationale Umsetzung erforderlichen Flexibilität vereinbar ist, im Wege von Verordnungen der Gemeinschaft zu verabschieden.

8.

Nach Ansicht der EZB hat die Umsetzung von Basel II eine einmalige Gelegenheit, die nicht genutzt wurde, geboten, die Eigenkapitalanforderungen der EU entsprechend umzugestalten. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission gemäß Artikel 150 Absatz 1 des Bankenrichtlinienvorschlags befugt ist, nach dem in Artikel 151 des Bankenrichtlinienvorschlags genannten „Komitologie-Verfahren“ Anpassung[en] der Bestimmungen der Anhänge V bis XII an Entwicklungen auf den Finanzmärkten (insbesondere neue Finanzprodukte), bei Rechnungslegungstandards oder gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu erlassen.

9.

Es wäre jedoch im Einklang mit der vereinbarten Ausweitung der Lamfalussy-Methode vom Wertpapierbereich auf den gesamten sonstigen Finanzsektor (8) vorzugswürdig gewesen, die Richtlinienvorschläge auf diejenigen Rahmenprinzipien zu beschränken, die die grundlegenden politischen Entscheidungen und wesentlichen Fragen im Bereich der Kapitaladäquanz für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen wiedergeben, und alle technischen Vorschriften über die Kapitaladäquanz in einer unmittelbar anwendbaren Stufe-2-Verordnung zusammenzufassen. Dieser Ansatz würde die einheitliche Umsetzung von Basel II in der gesamten EU stärken, den in verschiedenen Ländern der EU tätigen Finanzgruppen die Einhaltung der Rechtsvorschriften erleichtern, Kosten verringern sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen und die weitere Integration der Finanzmärkte fördern.

10.

Wenn eine diesem Ansatz entsprechende Änderung der Richtlinienvorschläge zum jetzigen Zeitpunkt nicht für möglich gehalten wird, sollte die vorgesehene rechtliche Struktur nach Ansicht der EZB nicht als das gewünschte Endergebnis angesehen werden, sondern als ein Schritt in einem langfristigen Prozess zur Schaffung, wenn möglich, unmittelbar anwendbarer, technischer Vorschriften auf Stufe 2 für Finanzinstitute innerhalb der EU.

Die Verringerung nationaler Wahlrechte und nationaler Ermessenspielräume

11.

Die Verringerung nationaler Wahlrechte ist von größter Bedeutung, da dies den rechtlichen Rahmen vereinfachen und zur Konvergenz der Aufsichtspraxis sowie zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen beitragen würde. Die EZB erkennt die Fortschritte an, die der Ausschuss der Europäischen Bankaufsichtsbehörden („Committee of European Banking Supervisors“, CEBS) bei der Verringerung der Anzahl von Wahlrechten und Freistellungen erzielt hat. Die EZB befürwortet die Bemühungen des Ausschusses in vollem Umfang und unterstützt ausdrücklich weitere Arbeiten in diesem Bereich, da trotz der erzielten Fortschritte eine beträchtliche Anzahl von Wahlrechten verbleiben, die die Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen behindern könnten. Die Artikel 68 bis 73 des Bankenrichtlinienvorschlags sehen Wahlrechte zur Freistellung von den Eigenkapitalanforderungen auf verschiedenen Ebenen innerhalb von Gruppen vor. Wenn diese Wahlrechte in einigen Rechtsordnungen für zu bedeutend gehalten werden, als dass auf sie verzichtet werden könnte, sollten sie nach Ansicht der EZB zumindest einheitlich und transparent ausgeübt werden, um gleiche Wettbewerbsbedingungen in der EU zu gewährleisten. Da eine weitere Verringerung nationaler Wahlrechte erforderlich ist, würde die EZB die Einführung einer speziellen Bestimmung begrüßen, die die Kommission verpflichtet, die Fortschritte in diesem Bereich zu beobachten und den Gemeinschaftsorganen innerhalb eines angemessenen Zeitraums (z. B. 3 Jahre) über die Ausübung des verbleibenden nationalen Ermessens zu berichten und dabei zu beurteilen, inwieweit dies Ermessen erforderlich ist, und ob weitere Rechtsetzungsinitiativen erforderlich sind.

12.

Der allgemein gefasste Wortlaut mehrerer Bestimmungen der Richtlinienvorschläge bietet einen erheblichen Spielraum für unterschiedliche Auslegungen durch nationale Behörden und birgt somit das Risiko, dass ungleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU entstehen. Ein besonderes, jedoch nicht das einzige Beispiel hierfür ist Artikel 84 Absatz 2 des Bankenrichtlinienvorschlags, nach dem die zuständigen Behörden Kreditinstituten gestatten dürfen, den auf internen Ratings beruhenden Ansatz (nachfolgend der „IRB-Ansatz“) anzuwenden, wenn die von diesen Kreditinstituten eingesetzten Systeme zur Steuerung und Einstufung von Kreditrisiken eine Reihe von Bedingungen erfüllen (z. B. „solide“, „integer umgesetzt“ und eine „aussagekräftige Beurteilung“ ermöglichend). Dieser Artikel verweist auf zusätzliche Bedingungen, die in Anhang VII Teil 4 des Bankenrichtlinienvorschlags festgelegt sind und einen weiten Ermessensspielraum bei der nationalen Umsetzung bieten. Die EZB nimmt wohl zur Kenntnis, dass es in bestimmten Fällen erforderlich ist, Begriffe zu verwenden, die den nationalen Behörden einen weiten Ermessensspielraum gewähren (z. B. um die Entwicklung der Risikomanagementmethoden der Kreditinstitute nicht zu behindern oder um eine flexible Umsetzung und Anwendung zu erleichtern, wobei den unterschiedlichen Strukturen der nationalen Bankensysteme und der nationalen aufsichtsrechtlichen Regelungen Rechnung getragen wird). Im Hinblick darauf, dass in den Märkten bewährte Methoden („best practices“) entstehen, wäre es jedoch sinnvoll, eine einheitliche Auslegung solcher Begriffe durch die zuständigen Behörden zu fördern. Zu diesem Zweck kann die Kommission beschließen, auf der Grundlage von Ratschlägen des CEBS Empfehlungen abzugeben.

13.

Die EZB empfiehlt ferner die Verwendung konsistenter Terminologie, um darzustellen, welche Interventionsmöglichkeiten den zuständigen Behörden vor Anwendung bestimmter Risikogewichte und Risikomesstechniken zur Verfügung stehen. Es könnte deutlich zwischen Fällen unterschieden werden, in denen die Mitteilung einer formellen Verwaltungsentscheidung durch die zuständigen Behörden bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags der Kreditinstitute erwartet wird, und Fällen, in denen die zuständigen Behörden die vorgeschlagene Technik lediglich überprüfen können, ohne eine formelle Entscheidung treffen zu müssen.

Die Rolle der für die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis zuständigen Behörde

14.

Nach Auffassung der EZB stellt die in den Artikeln 129 bis 132 des Bankenrichtlinienvorschlags vorgesehene Erweiterung der Rolle der für die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis zuständigen Behörde einen Fortschritt dar, der im Rahmen der Umsetzung und Anwendung des Richtlinienvorschlags jedoch komplexe Fragen aufwerfen kann. Die in Artikel 129 Absatz 1 vorgesehene Koordinierungsfunktion sowie die in Artikel 130 Absatz 2 und Artikel 132 enthaltenen Bestimmungen über den Austausch von Informationen werden die Beziehungen zwischen den Aufsichtbehörden untereinander und die Beziehungen zwischen den Aufsichtbehörden und Banken vereinfachen und somit die Effizienz durch Erleichterung der Entscheidungsfindung und Verringerung der Gesamtkosten der Aufsicht steigern. Dies ist eine angemessene Reaktion auf die zunehmenden Forderungen von Bankengruppen mit erheblichen grenzüberschreitenden Tätigkeiten (9) nach einer Verringerung der Kosten, die ihnen durch die Erfüllung von sich teilweise überschneidenden oder nicht vollständig harmonisierten (aufsichts-) rechtlichen Verpflichtungen entstehen, die ihnen von verschiedenen nationalen Aufsichts- und Regulierungsbehörden auferlegt werden.

15.

Darüber hinaus erwartet die EZB, dass die Koordinierungsfunktion der für die Aufsicht auf konsolidierter Basis zuständigen Behörde sowie die ausdrückliche Verpflichtung zum Austausch von Informationen zur Stabilität des Bankensektors sowohl auf EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten beitragen wird. Aus Sicht der für die Aufsicht auf konsolidierter Basis zuständigen Behörde sollten die zunehmenden Beiträge der nationalen Aufsichtsbehörden im Hinblick auf die lokalen Tätigkeiten und Risiken von EU-Tochterunternehmen einer Gruppe zusammengeführt werden, um eine gründliche Überprüfung und Bewertung der gesamten Gruppe gemäß Artikel 124 i.V.m. den Artikeln 71 bis 73 des Bankenrichtlinienvorschlags zu ermöglichen. Aus Sicht der nationalen Aufsichtsbehörden könnten die von der für die Aufsicht auf konsolidierter Basis zuständigen Behörde gesammelten Informationen die Bewertung möglicher finanzieller Schwierigkeiten erleichtern, die bei anderen Unternehmen einer Gruppe auftreten und sich auf lokale Tochterunternehmen auswirken können. Darüber hinaus dürften die zusätzlichen Informationen, die den nationalen Aufsichtsbehörden zur Verfügung stehen, auch die Ausübung von Zentralbankaufgaben in den Bereichen der Stabilität des Finanzsystems, der Zahlungsverkehrssysteme und der Geldpolitik erleichtern.

16.

Artikel 129 Absatz 2 des Bankenrichtlinienvorschlags (in Verbindung mit Artikel 37 Absatz 2 des Kapitaladäquanzrichtlinienvorschlags) bietet eine Möglichkeit zur Förderung der Integration des Finanzsystems und enthält eine Rechtsgrundlage für die gruppenweite Anwendung des IRB-Ansatzes, der fortgeschrittenen Messansätze (AMAs) sowie des auf internen Modellen basierenden Ansatzes für Marktrisiken. Diese Rechtsgrundlage wird durch ein Verfahren zur Vereinfachung des gruppenweiten Genehmigungsprozesses ergänzt. Dies dürfte die Angleichung der gruppenweiten Risikomanagementmethoden im Hinblick auf die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen ermöglichen und deshalb die Integration der Gruppenstrukturen und somit des gesamten Bankensektors verbessern.

17.

Ungeachtet der möglichen Vorteile von Artikel 129 Absatz 2 könnten bei der Anwendung dieses Artikels komplexe Probleme auftreten, die vorhergesehen und gelöst werden sollten, um die Wirkung dieser Vorschrift zu maximieren. Es könnten beispielsweise Probleme entstehen, wenn zwischen den Behörden des Heimat- und Gastlandes, die als bedeutend (10) angesehene Tochterunternehmen einer Gruppe beaufsichtigen, Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der in dem Bankenrichtlinienvorschlag vorgesehenen Anforderungen bestehen. Obwohl gemäß Artikel 129 Absatz 2 Unterabsatz 3 die für die Aufsicht auf konsolidierter Basis zuständige Aufsichtsbehörde entscheiden muss, wenn die Aufsichtsbehörden innerhalb von 6 Monaten keine Einigung erzielen, muss nach einer Lösung für solche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Behörden des Heimat- und Gastlandes gesucht werden, damit die Befugnisse der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden, die sich auf das Ergebnis des gruppenweiten Ansatzes auf lokaler Ebene verlassen und gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten müssen, nicht untergraben werden (11).

18.

Die möglichen, sich aus Artikel 129 Absatz 2 ergebenden Vorteile hängen auch davon ab, wie die Befugnis der zuständigen Behörden, aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegenüber ortsansässigen Tochterunternehmen im Rahmen der zweiten Säule von Basel II zu treffen (das aufsichtliche Überprüfungsverfahren), mit gruppenweiten Genehmigungsentscheidungen zusammenwirkt. Kreditinstitute, die gemäß Artikel 129 Absatz 2 einen Antrag stellen, benötigen Rechtssicherheit. In diesem Zusammenhang sind die anwendbaren Verfahren und die gerichtliche Überprüfung von gruppenweiten Entscheidungen sowie die ständige Aufsicht über die Anwendung des gruppenweiten IRB-Ansatzes und des AMA-Ansatzes zu berücksichtigen. Die Befugnis der Aufsichtsbehörden zur Berichtigung von nach Erteilung der Genehmigung auftretenden Mängeln eines Ansatzes einer Gruppe sowie zum Widerruf einer Genehmigung sollte daher im Bankenrichtlinienvorschlag geregelt werden.

19.

Im Hinblick auf die Bedeutung der oben genannten Fragen für eine effektive Anwendung von Artikel 129 Absatz 2 des Bankenrichtlinienvorschlags befürwortet die EZB ausdrücklich die durch den CEBS in Bezug auf die Anwendung des gesamten Artikels 129 zu leistende Arbeit, und sie ist überzeugt, dass eine einheitliche Anwendung dieses Artikels das Ergebnis sein wird. Die EZB empfiehlt jedoch, in den Bankenrichtlinienvorschlag eine Bestimmung aufzunehmen, die vorsieht, dass Artikel 129 drei Jahre nach Umsetzung der Richtlinie überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden muss, um zu berücksichtigen, wie Artikel 129 in der Praxis angewandt wird und ob dieser Artikel seinen Zweck erfüllt.

20.

Die EZB begrüßt darüber hinaus die Arbeit des CEBS im Hinblick auf Artikel 131 des Bankenrichtlinienvorschlags. Nach dieser Bestimmung müssen die für die Aufsicht auf konsolidierter Basis zuständige Behörde und die anderen zuständigen Aufsichtsbehörden „schriftliche Koordinations- und Kooperationsvereinbarungen schließen“. Die EZB unterstützt deshalb die Arbeit des CEBS zur Entwicklung einer Modellvereinbarung zur Koordination und Kooperation, die von allen betroffenen Aufsichtsbehörden anzuwenden ist.

Zeitplan und Übergangsbestimmungen

21.

Die EZB begrüßt die in Titel VII Kapitel 1 des Bankenrichtlinienvorschlags enthaltenen Bestimmungen über den Zeitplan für die Einführung der neuen Eigenkapitalanforderungen. Diese Bestimmungen entsprechen dem in Basel II vorgesehenen Zeitplan und dürften sicherstellen, dass europäische Kreditinstitute gegenüber ihren Konkurrenten aus Drittländern nicht benachteiligt werden. Außerdem würde eine aufgeschobene Anwendung den Vorbereitungen der EU-Kreditinstitute zuwiderlaufen, die diese zur Einhaltung des ursprünglichen Zeitrahmens getroffen haben. Aus diesen Gründen bestärkt die EZB die Gemeinschaftsorgane, den von der Kommission vorgeschlagenen Zeitplan beizubehalten.

22.

Darüber hinaus sollte nach Ansicht der EZB dem weitreichenden Charakter der Reform und der verbleibenden Unsicherheit über deren Auswirkungen auf die Höhe des Eigenkapitals im Finanzsystem der EU in seiner Gesamtheit (selbst wenn diese Unsicherheit durch quantitative Auswirkungsstudien so weit wie möglich verringert wurde) Rechung getragen werden. Aus diesem Grund unterstützt die EZB in vollem Umfang die Aufnahme der Übergangsbestimmungen in Artikel 152 des Bankenrichtlinienvorschlags, wonach die Auswirkungen auf die Mindestkapitalanforderungen der Kreditinstitute während der ersten drei Jahre nach Umsetzung der Richtlinie begrenzt werden.

23.

Obwohl es erforderlich ist, den Schätzungen von Risikofaktoren historische Datenreihen zugrunde zu legen, deren Länge ausreichend ist, um die schwankenden ökonomischen Rahmenbedingungen zu erfassen, sollten die Übergangsbestimmungen den Banken die Umstellung auf einen fortgeschritteneren IRB-Ansatz erleichtern, indem bestimmte Verpflichtungen zunächst zeitweise gelockert werden, um anschließend nach und nach und entsprechend den Möglichkeiten der Kreditinstitute, Daten zu erheben, verschärft zu werden. Vorstehendes betrifft die Verpflichtung, über Daten aus einem mindestens fünfjährigen historischen Beobachtungszeitraum über die Ausfallwahrscheinlichkeit (Anhang VII Teil 4 Nummer 66 des Bankenrichtlinienvorschlags) zu verfügen. In diesem Zusammenhang können die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 154 Absatz 5 des Richtlinienvorschlags Kreditinstituten, die sich entschieden haben, den IRB-Ansatz vor dem 31. Dezember 2007 umzusetzen, gestatten, Daten aus einem verkürzten zweijährigen Beobachtungszeitraum zugrunde zu legen. Institute, die den IRB-Ansatz nach dem 31. Dezember 2007 einführen, müssen jedoch bis Ende des Jahres 2008 über Daten aus einem dreijährigen Beobachtungszeitraum, bis Ende des Jahres 2009 über Daten aus einem vierjährigen Beobachtungszeitraum, und bis Ende des Jahres 2010 über Daten aus einem fünfjährigen Beobachtungszeitraum verfügen. In der Praxis wird es für diese Institute unmöglich sein, bis Ende des Jahres 2008 über Daten aus einem dreijährigen Beobachtungszeitraum zu verfügen, wenn sie nicht bereits bis Ende des Jahres 2007 Daten aus einem zweijährigen Beobachtungszeitraum erhoben haben. Demnach hält die EZB es für wünschenswert, diese Bestimmung in der Weise zu ändern, dass es realistischerweise möglich ist, die Anwendung des IRB-Ansatzes auch während der Übergangszeit zu gestatten. In diesem Zusammenhang begrüßt die EZB die im allgemeinen Ansatz des Rates enthaltenen Änderungen des Artikels 154 Absätze 5 und 6, die eine pragmatische Lösung darstellen.

Beobachtung der strukturellen und möglichen prozyklischen Auswirkungen des neuen Rechtsrahmens

24.

Unter anderem wegen der schwierigen Aufgabe, Kapitalneutralität mit in zunehmendem Maße fortgeschrittenen Ansätzen zu vereinbaren, bestanden Bedenken in Bezug auf die strukturellen Gesamtauswirkungen der Richtlinienvorschläge. Die EZB befürwortet in vollem Umfang die in den Richtlinienvorschlägen enthaltene Gesamtkalibrierung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen. Sie nimmt ferner zur Kenntnis, dass das Ergebnis der quantitativen Auswirkungsstudie (QIS3) (12), die die Mitgliedstaaten abdeckt, die Auswirkungen auf kleinere EU-Kreditinstitute, EU-Wertpapierfirmen und die Kreditgewährung an kleine und mittelständische Unternehmen (diese werden durch die Richtlinienvorschläge scheinbar nicht benachteiligt) positiv beurteilt, und dass die Studie ebenso eine positive Beurteilung hinsichtlich der Beibehaltung gleicher Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU gegenüber Konkurrenten aus Drittländern enthält. Darüber hinaus nimmt die EZB die insgesamt positive Bewertung in dem unter der Federführung der Europäischen Kommission erarbeiteten Bericht über die Auswirkungen der überarbeiteten Eigenkapitalanforderungen auf den Finanzdienstleistungssektor und die Gesamtwirtschaft (13) zur Kenntnis. Allerdings kann eine Ex-ante-Beurteilung der quantitativen Auswirkungen der Richtlinienvorschläge nicht die dynamischen Effekte dieser Richtlinienvorschläge erfassen, da sich das Verhalten der Finanzinstitute aufgrund der Anreize ändern könnte, die dadurch entstehen, dass sich die Risikogewichte gemäß den überarbeiteten Eigenkapitalanforderungen von den Risikogewichten gemäß den derzeit geltenden Eigenkapitalanforderungen unterscheiden. Daher würde die EZB eine regelmäßige Ex-post-Beobachtung befürworten, die auch strukturelle Auswirkungen und die Risikoverteilung erfassen sollte.

25.

Neben der Beobachtung der allgemeinen Auswirkungen der Richtlinienvorschläge kann es erforderlich sein, zukünftig auch spezifische Punkte zu beobachten. Die EZB weist beispielsweise darauf hin, dass die günstigere Behandlung, die bei gewerblichen Immobilienkrediten nach dem Standard- und IRB-Basisansatz (14) möglich ist, im Vergleich zu den Basel II-Regeln mehr Flexibilität bietet. Die EZB betont, dass die Wechselwirkung zwischen der Verfügbarkeit gewerblicher Immobilienkredite und den Grundstückspreisen nicht nur der vorsichtigen Bewertung von Sicherheiten durch Banken unterliegen sollte, sondern auch aus makroprudentieller Sicht genau beobachtet werden sollte. Die EZB beabsichtigt, sich an diesem Beobachtungsprozess zu beteiligen.

26.

Im Hinblick auf die mögliche prozyklische Wirkung der Richtlinienvorschläge (d.h. die Möglichkeit, dass die Eigenkapitalanforderungen während einer Rezession verschärft und während eines Konjunkturaufschwungs gelockert werden könnten, wodurch Konjunkturschwankungen verstärkt werden), erkennt die EZB an, dass es wichtig ist, dieses Problem zu lösen. Sie nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die in diesem Zusammenhang erzielt wurden, indem die Richtlinienvorschläge zur Einschränkung der prozyklischen Wirkung geändert wurden. Die Aufsichtsbehörden der EU haben ein gemeinsames Interesse daran, geeignete Lösungen zur Verringerung des Risikos einer erhöhten Prozyklizität zu erwägen, da die makroökonomischen Bedingungen insbesondere im Euro-Währungsgebiet mit der Zeit immer stärker miteinander verflochten sein werden. Ein gemeinsames Vorgehen zur Lösung der Frage der Prozyklizität würde auch zu Wettbewerbsgleichheit und Transparenz im Binnenmarkt beitragen. Die EZB hält jedoch nach wie vor eine Beobachtung der prozyklischen Wirkung durch die Kommission und die zuständigen nationalen Behörden für erforderlich.

27.

Deshalb unterstützt die EZB die in Artikel 156 des Bankenrichtlinienvorschlags vorgeschlagene Regelung, wonach die Kommission regelmäßig überprüfen soll, ob sich der Bankenrichtlinienvorschlag signifikant auf den Konjunkturzyklus auswirkt. Darüber hinaus stellt die EZB fest, dass die Kommission befugt ist, Vorschläge zur Änderung der Neufassung der Kodifizierten Bankenrichtlinie zu erlassen und dass dies auch für eventuelle Rechtsvorschriften gilt, die „Abhilfemaßnahmen“ im Sinne von Artikel 156 darstellen. Aus makroprudentieller Sicht ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass eventuelle Rechtsvorschriften, die „Abhilfemaßnahmen“ beinhalten, symmetrisch sind und dass Eigenkapitalvorschriften nur geändert werden, wenn die betreffenden Änderungen aufsichtsrechtlich den ganzen Konjunkturzyklus über beibehalten werden können. Die EZB schlägt vor, dieses Erfordernis in Erwägungsgrund 59 des Bankenrichtlinienvorschlags darzulegen.

SPEZIFISCHE ANMERKUNGEN

Definition der Zentralbanken

28.

Die EZB hält es für erforderlich, ihre eigene Stellung im Rahmen der Ausnahme für Zentralbanken von dem Bankenrichtlinienvorschlag klarzustellen. Gemäß Artikel 2 erster Gedankenstrich sind die „Zentralbanken der Mitgliedstaaten“ vom Anwendungsbereich des Bankenrichtlinienvorschlags ausgenommen, und in Artikel 4 Absatz 23 wird der Begriff „Zentralbanken“ (im Gegensatz zu „Zentralbanken der Mitgliedstaaten“) in der Weise definiert, dass die EZB mit eingeschlossen ist, sofern nichts Gegenteiliges bestimmt ist. Die EZB schlägt eine Änderung des Artikels 2 vor, um ausdrücklich klarzustellen, dass die Ausnahme auch für die EZB gilt.

Solokonsolidierung („solo consolidation“)

29.

Gemäß Artikel 70 des Bankenrichtlinienvorschlags haben die zuständigen Behörden die Möglichkeit, Mutterkreditinstituten in einem bestimmten Mitgliedstaat auf Einzelfallbasis und vorbehaltlich bestimmter Bedingungen zu gestatten, in der EU ansässige Tochterunternehmen in die Berechnungen einzubeziehen, die gemäß Artikel 68 Absatz 1 des Bankenrichtlinienvorschlags erforderlich sind. Dieser Vorgang wird „Solokonsolidierung“ genannt.

30.

Die EZB empfiehlt, die Voraussetzungen, unter denen die Solokonsolidierung (15) angewandt werden kann, erneut zu überprüfen. Nach einer der Voraussetzungen, die in Artikel 69 Absatz 1 Buchstabe a des Bankenrichtlinienvorschlags festgelegt sind, dürfen keine Hindernisse für die Übertragung von Eigenmitteln vom Mutterunternehmen auf das Tochterunternehmen bestehen. Nach Auffassung der EZB ist diese Voraussetzung nicht geeignet, um an das Mutterunternehmen im Rahmen Anforderungen für die Solokonsolidierung gestellt zu werden. In diesem Zusammenhang begrüßt die EZB sehr, dass durch die im allgemeinen Ansatz des Rates enthaltenen Änderungen des Artikels 70 des Bankenrichtlinienvorschlags Verpflichtungen hinsichtlich der Übertragung von Eigenmitteln vom Tochterunternehmen auf das Mutterunternehmen festgelegt werden und die Anforderung, dass keine Hindernisse für die Übertragung von Eigenmitteln vom Mutterunternehmen auf das Tochterunternehmen bestehen dürfen, gestrichen wird. Die EZB stellt fest, dass sich die Solokonsolidierung auch auf Tochterunternehmen erstreckt, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind als in denjenigen, in denen das Mutternehmen ansässig ist. In der Praxis bedeutet dies, dass die finanzielle Lage eines Tochterunternehmens für die Zwecke der angemessenen Eigenkapitalausstattung so behandelt wird, als sei diese Teil der finanziellen Lage des Mutterunternehmens selbst. Die für das Mutterunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde muss deshalb uneingeschränkten Zugang zu Informationen über die Qualität der Aktiva und Passiva sowie des Eigenkapitals des Tochterunternehmens haben. Die EZB schlägt vor, eine weitere Voraussetzung hinzuzufügen, um zu gewährleisten, dass die für das Mutterunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde solche Informationen über die finanzielle Lage von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochterunternehmen effektiv überprüfen kann. Grundsätzlich befürwortet die EZB ebenso in vollem Umfang Transparenz hinsichtlich der Anwendung von Artikel 70 der Richtlinie und begrüßt die in diesem Zusammenhang im allgemeinen Ansatz des Rates festgelegten Bestimmungen.

31.

Die EZB stellt fest, dass Artikel 70 des Bankenrichtlinienvorschlags die Anwendung individueller Eigenkapitalanforderungen auf EU-Tochterunternehmen, die in die individuellen Eigenkapitalanforderungen des Mutterkreditinstituts einbezogen sind, nicht in Frage stellt. Es wäre sinnvoll, klarzustellen, dass Artikel 70 unbeschadet der Verpflichtungen gilt, die den Tochterunternehmen gemäß Artikel 68 auferlegt werden.

Eigenkapitalanforderungen für gruppeninterne Interbank-Kreditgeschäfte

32.

Gemäß Artikel 80 Absatz 7 des Bankenrichtlinienvorschlags können die zuständigen Behörden unter bestimmten Voraussetzungen die Kreditvergabe eines Kreditinstituts an sein Mutterunternehmen, sein Tochterunternehmen oder an andere Tochterunternehmen desselben Mutterunternehmens von Eigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken freistellen (16). Die EZB betont, dass alle Kreditrisiken Eigenkapitalanforderungen unterliegen sollten. Die Voraussetzungen, unter denen die Freistellung gemäß Artikel 80 Absatz 7 gilt, räumen das mit den betreffenden Kreditgeschäften verbundene Kreditrisiko nicht aus, da z.B. ein Kreditinstitut seine Verbindlichkeiten auch gegenüber einem anderen Kreditinstitut nicht erfüllen könnte, das der Kontrolle desselben Mutterunternehmens unterliegt. Darüber hinaus weist die EZB darauf hin, dass Artikel 80 Absatz 7 im Wesentlichen für Interbank-Kreditgeschäfte gilt, bei denen Eigenkapitalanforderungen zur Begrenzung von Systemrisiken unerlässlich sind. Ferner nimmt die EZB zur Kenntnis, dass eine solche Freistellung in Basel II nicht vorgesehen ist (17) und dass diese in bestimmten Bankensystemen zu einer Beeinträchtigung der Wettwerbsgleichheit auf nationaler Ebene führen könnte. Daher empfiehlt die EZB, dass diese Form des Kreditgeschäfts weiterhin Eigenkapitalanforderungen unterliegen sollte.

Ratingagenturen

33.

Im Hinblick auf die Anerkennung von Ratingagenturen („External Credit Assessment Agencies“) möchte die EZB die nachstehenden drei Punkte anmerken.

34.

Erstens ist die EZB der Auffassung, dass die Anforderung der „Unabhängigkeit“ in Anhang VI, Teil 2, Abschnitt 1.2 des Bankenrichtlinienvorschlags näher ausgeführt werden könnte. Die zuständigen Behörden sollten in dem Beurteilungsprozess Faktoren wie z. B. die Eigentums- und Organisationsstruktur der Ratingagentur, ihre finanzielle Ressourcen, personelle Ausstattung und Sachkenntnis sowie ihre Corporate Governance berücksichtigen. Nach Ansicht der EZB sollten die zuständigen Behörden ebenfalls überprüfen, ob die Ratingagenturen über effektive interne Verfahren zur Feststellung, Verhinderung und Lösung potenzieller Interessenkonflikte verfügen, so dass sichergestellt wird, dass vertrauliche Informationen nicht versehentlich verbreitet, offen gelegt oder missbraucht werden. Diese Angelegenheiten werden allgemein als Grundsatzfragen angesehen, und dies wird in der Grundsatzerklärung über die Tätigkeiten von Ratingagenturen der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden („International Organisation of Securities Commission“, IOSCO) vom 25. September 2003 (18) anerkannt.

35.

Zweitens möchte die EZB hervorheben, dass bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit und Marktakzeptanz von Ratingagenturen durch die Aufsichtsbehörden ein vorsichtiges und gerechtes Vorgehen erforderlich ist. Es ist besonders wichtig, dass die zuständigen Behörden bei der Beurteilung von Ratingagenturen keine Zugangshindernisse für neue Marktteilnehmer schaffen, indem sie unzumutbare Belastungen auferlegen, die in Anhang VI, Teil 2, Abschnitt 2.1 des Bankenrichtlinienvorschlags enthaltenen Voraussetzungen (Marktanteil, Einkünfte und finanzielle Mittel, Auswirkungen auf die Preisfeststellung) zu erfüllen. Stattdessen werden die zuständigen Behörden ersucht, ihre Bewertung sachgemäß auf die Robustheit und Solidität der Beurteilungsmethode zu konzentrieren. Die betreffenden Bestimmungen sollten daher weiter entwickelt werden, um einen hinreichend differenzierten Beurteilungsprozess zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang würde die EZB eine Änderung des Wortlauts des oben genannten Abschnitts im Einklang mit Basel II befürworten, um sicherzustellen, dass die Glaubwürdigkeit sich sowohl auf Marktakzeptanz als auch auf eine solide Methodik gründet.

36.

Drittens betont die EZB die Notwendigkeit einer angemessenen aufsichtlichen Konvergenz und Zusammenarbeit in Bezug auf die Anerkennung von Ratingagenturen. Ein hohes Maß an Konsistenz der von den Mitgliedstaaten angewandten Methoden ist unerlässlich, um die Vergleichbarkeit der Beurteilungen externer Ratings sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen für Kreditinstitute zu gewährleisten, die diese Beurteilungen nach dem Standardansatz für Kreditrisiken zugrunde legen. Ein solches hohes Maß an Konsistenz trägt ferner dazu bei, das Kapitalarbitragerisiko zu verringern. Darüber hinaus wird die aufsichtliche Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung sein, um die Regulierungskosten für Ratingagenturen zu verringern, die eine Anerkennung in mehr als einem Mitgliedstaat anstreben. Artikel 81 Absatz 3, Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 97 Absatz 3 des Bankenrichtlinienvorschlags enthalten in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung lediglich eine Ermessensentscheidung. Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum freien Dienstleistungsverkehr ist die EZB der Auffassung, dass die gegenseitige Anerkennung der allgemeine Grundsatz für Ratingagenturen innerhalb der EU sein sollte. Dies würde Aufsichtsbehörden nicht daran hindern, Ratingagenturen zusätzliche Eignungskriterien aufzuerlegen, um den Besonderheiten des nationalen Marktes Rechnung zu tragen, sofern diese Kriterien nicht zu einer Verdoppelung entsprechender, im Herkunftsmitgliedstaat bereits erfüllter Voraussetzungen führen. Die EZB begrüßt das Konsultationspapier des CESR über die möglichen aufsichtsrechtlichen Ansätze für Ratingagenturen (19). Darüber hinaus befürwortet die EZB ausdrücklich die gegenwärtig geleisteten Beiträge des CEBS zur Harmonisierung der Kriterien zur Anerkennung von Ratingagenturen. Die EZB ist der Ansicht, dass das in Basel II, Anhang 2 festgelegte Zuordnungsverfahren, nach dem die nationalen Behörden unter anderem Kreditrisikobeurteilungen den verfügbaren Risikogewichtsklassen zuordnen, von großer Bedeutung ist und der CEBS daher die Konvergenz in diesem Bereich fördern sollte.

Dauerhafte Partielle Anwendung für bestimmte Kredite

37.

Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass der Bankenrichtlinienvorschlag im Gegensatz zu Basel II eine dauerhafte Partielle Anwendung des IRB-Ansatzes für wesentliche Forderungen und in bedeutenden Geschäftsfeldern in den verschiedenen in Artikel 89 Absatz 1 Buchstaben a, b und d bis g des Bankenrichtlinienvorschlags genannten Fällen zulässt. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass durch die Einschränkung der dauerhaften Partiellen Anwendung vermieden werden soll, dass Banken auf risikoreiche Kredite dauerhaft den Standardansatz anwenden, während sie auf Portfolios mit geringerem Risiko ihre eigenen Schätzungen der Risikoparameter anwenden und auf diese Weise für den jeweiligen Einzelfall den günstigsten Ansatz wählen.

38.

Die EZB befürwortet, dass kleinen Kreditinstituten ermöglicht wird, die dauerhafte Partielle Anwendung auf ihre Forderungen an Zentralstaaten, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen anzuwenden, da die Anwendung eigener Schätzungen in solchen Fällen eine übermäßige Belastung darstellen würde und kleinen Kreditinstituten somit möglicherweise die Anwendung des IRB-Ansatzes verwehrt bliebe. Eine richtige Vorgehensweise hinsichtlich der Stellung kleiner Kreditinstitute wird in einem neuen Erwägungsgrund 35A behandelt, der im allgemeinen Ansatz des Rates vorgeschlagen wird. Die EZB empfiehlt, dass die Kommission drei Jahre nach Umsetzung der Richtlinie überprüfen sollte, ob die Anwendung des Artikels 89 des Bankenrichtlinienvorschlags den Zweck dieses Artikels erfüllt hat.

Einheitliche Behandlung von Kreditzusagen innerhalb des IRB-Ansatzes und des Standardansatzes

39.

Zwischen der Eigenkapitalbehandlung von Kreditzusagen im Rahmen des Standardansatzes und des IRB-Basisansatzes besteht eine Inkonsistenz. Die EZB geht davon aus, dass diese Abweichung unbeabsichtigt ist. Wenn diese Frage jedoch nicht gelöst wird, könnte sie zur Folge haben, dass im Rahmen des IRB-Basisansatzes eine Eigenkapitalanforderung für bestimmte Garantien entsteht, die Risiken verringern und die Stabilität des Finanzsystems schützen, indem sie die Vollendung der Abwicklung in bestimmten Zahlungsverkehrssystemen sicherstellen. Die EZB empfiehlt daher, den Wortlaut von Anhang VII, Teil 3, Nummer 1.11 a des Bankenrichtlinienvorschlags zu ändern, um diesen mit dem Wortlaut der entsprechenden, für den Standardansatz geltenden Klausel in Einklang zu bringen. Dies bedeutet festzulegen, dass bei Kreditlinien, die nicht zugesagt sind, oder die durch das Kreditinstitut ohne vorherige Benachrichtigung jederzeit unbedingt kündbar sind, oder die im Ergebnis eine automatische Kündigung aufgrund einer Verschlechterung der Bonität des Kreditnehmers vorsehen, ein Umrechnungsfaktor von 0 % angewandt wird.

Aufsichtliches Überprüfungsverfahren

40.

Die EZB betont, dass der zweiten Säule von Basel II die gleiche Bedeutung beizumessen ist wie den anderen beiden Säulen von Basel II, d. h. den Mindestkapitalanforderungen und der Marktdisziplin. Die EZB ist der Ansicht, dass sich aus dem sehr allgemeinen Wortlaut der Artikel 123 und 124 des Bankenrichtlinienvorschlags, die die zweite Säule wiedergeben, fälschlicherweise schließen lässt, dass die drei Säulen nicht die gleiche Bedeutung haben.

41.

Da der Bankenrichtlinienvorschlag keine Definition des Begriffs des „internen Eigenkapitals“ (dieser Begriff wird in Artikel 123 der Richtlinie verwendet) enthält, ist es aus Sicht der EZB erforderlich, dass das Verständnis der Aufsichtsbehörden und Kreditinstitute hinsichtlich des internen Eigenkapitalbegriffs entsprechend der sich entwickelnden Praxis im Bankensektor einheitlich ist. Nach Auffassung der EZB ist es wünschenswert, dass ein Leitfaden dahingehend entwickelt wird, was Kreditinstitute zur Erfüllung der Voraussetzungen des Artikel 123 tun sollten. Der EZB ist bewusst, dass ein solcher Leitfaden nur im Laufe der Zeit und im Einklang mit der sich entwickelnden Praxis im Bankensektor und den Erfahrungen der nationalen Aufsichtsbehörden erarbeitet werden kann. Daher besteht sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf einer genaueren Definition des internen Eigenkapitals.

42.

Im Hinblick auf Eigenkapitalpuffer wird auf die Erklärung des BCBS von Juli 2002 hingewiesen, in der die Bedeutung von Eigenkapitalpuffern im Zusammenhang mit potenziellen Bedenken in Bezug auf die Prozyklizität (20) ausdrücklich anerkannt wird. Der Bankenrichtlinienvorschlag greift diesen Punkt gegenwärtig nicht auf, und die EZB schlägt vor, diesen in einen Erwägungsgrund des Bankenrichtlinienvorschlags aufzunehmen und darin vorzusehen, dass Aufsichtsbehörden von Banken erwarten sollten, Eigenkapitalpuffer zu halten, so dass diese in der Lage sind, selbst unter Krisenbedingungen die Mindestkapitalanforderungen zu erfüllen.

43.

Schließlich nimmt die EZB zur Kenntnis, dass einige Mitgliedstaaten gegenwärtig unter bestimmten Umständen die Mindesteigenkapitalquote über der in Artikel 75 des Bankenrichtlinienvorschlags vorgesehenen Schwelle von 8 % festsetzen. Es ist nicht wünschenswert, automatisch höhere Eigenkapitalanforderungen auf bestimmte Kategorien von Instituten anzuwenden, da abweichende Mindesteigenkapitalquoten die Wettbewerbsgleichheit innerhalb der EU gefährden und Anreize bieten, Gruppen im Hinblick auf Kapitalarbitrage zwischen Eigenkapitalregelungen umzustrukturieren.

Zusammenarbeit in einer Krisensituation

44.

Die EZB begrüßt Artikel 130 Absatz 1 des Bankenrichtlinienvorschlags. Diese Vorschrift ist besonders wichtig, da sie die Verpflichtung der für die Aufsicht auf konsolidierter Basis zuständigen Behörden festlegt, die in Artikel 49 Buchstabe a und Artikel 50 des Bankenrichtlinienvorschlags genannten Behörden zu unterrichten, wenn eine Krisensituation eintritt, die die Stabilität des Finanzsystems untergraben könnte.

45.

Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass Artikel 130 Absatz 1 auf das Finanzsystem auf nationaler und EU-Ebene Anwendung findet. Die EZB nimmt somit zur Kenntnis, dass Informationen entweder auf nationaler oder auf grenzüberschreitender Ebene an die in Artikel 49 Buchstabe a genannten Behörden übermittelt werden müssen. Dies ist wichtig, da der bei der Integration der Finanzmärkte und Marktinfrastrukturen in der EU erzielte Fortschritt zwar einerseits die Liquidität und Leistungsfähigkeit dieser Märkte erhöht, andererseits jedoch die Wahrscheinlichkeit von mehr als einen Mitgliedstaat betreffenden Systemstörungen erhöhen kann. Dieser Fortschritt kann möglicherweise auch das Risiko erhöhen, dass Krisen grenzüberschreitend auf andere Teile des Bankensektors in der EU übergreifen. In diesem Zusammenhang begrüßt die EZB, dass Artikel 130 Absatz 1 einer im Bericht über Finanzkrisenmanagement (21) enthaltenen Empfehlung des Wirtschafts- und Währungsausschusses folgt und die Verpflichtung vorsieht, die in Artikel 49 Buchstabe a genannten Behörden rechtzeitig in einer Krisensituation zu unterrichten. Zur Klarstellung des Anwendungsbereichs des Artikels 130 Absatz 1 schlägt die EZB vor festzulegen, dass die Verpflichtung zur Unterrichtung der in Artikel 49 Buchstabe a genannten Behörden für Behörden innerhalb der EU gilt.

46.

Die EZB nimmt ferner zur Kenntnis, dass mit der in Artikel 130 Absatz 1 enthaltenen Bezugnahme auf die in Artikel 50 genannten Behörden (22) sichergestellt werden soll, dass die für Finanzdienstleistungen zuständigen Mitglieder der Regierungen der Mitgliedstaaten so früh wie möglich über das Bestehen einer Krisensituation unterrichtet werden. Die EZB schlägt vor, dies ausdrücklicher hervorzuheben und die Bezugnahme auf die in Artikel 50 genannten Behörden durch eine ausdrückliche Bezugnahme auf die „zuständigen Mitglieder der Regierung“ zu ersetzen, um zu gewährleisten, dass die Übermittlung der für das Management der Krisensituation erforderlichen vertraulichen Informationen nicht beeinträchtigt wird. Dies gilt vorbehaltlich der in den nationalen Rechtsvorschriften und Gemeinschaftsrechtsvorschriften festgelegten Bedingungen (d. h. wenn die politischen Aufgaben dieser Regierungsmitglieder durch die Krisensituation betroffen sind).

47.

Darüber hinaus befürwortet die EZB ausdrücklich den Wortlaut von Artikel 130 Absatz 1 des Bankenrichtlinienvorschlags, da er den auf nationaler und EU-Ebene beteiligten Behörden genügend Spielraum lässt, flexible Regelungen zu treffen, die im Rahmen des Krisenmanagements erforderlich sind. In diesem Zusammenhang weist die EZB auf die zwischen Zentralbanken und Aufsichtsbehörden getroffenen Regelungen hin, die die Grundsätze und Verfahren für die Kommunikation und Zusammenarbeit für das Management von Finanzkrisen festlegen. Insbesondere die gemeinsame Absichtserklärung über wichtige Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen den Bankaufsichtsbehörden und den Zentralbanken der Europäischen Union im Bereich des Krisenmanagements („Memorandum of Understanding on high-level principles of co-operation between the banking supervisors and central banks of the European Union in crisis management situations“; nachfolgend das „MoU“) enthält Grundsätze und Verfahren, die vor allem die Bestimmung der für das Krisenmanagement zuständigen Behörden, den erforderlichen Informationsfluss zwischen allen beteiligten Behörden sowie die praktischen Voraussetzungen für den grenzüberschreitenden Informationsaustausch betreffen. Das MoU sieht ferner die Schaffung einer logistischen Infrastruktur vor, um zu einer verbesserten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Behörden zu beizutragen (23).

48.

Die EZB stellt darüber hinaus fest, dass bereits bestimmte Initiativen zur Weiterentwicklung der in Artikel 130 des Bankenrichtlinienvorschlags enthaltenen Regelungen zum Krisenmanagement vorliegen. Insbesondere der Ausschuss für Bankenaufsicht des Europäischen Systems der Zentralbanken und der CEBS haben eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Krisenmanagement gebildet, die zur Entwicklung weiterer praktischer Regelungen zum Krisenmanagement beitragen wird. In diesem Zusammenhang regt die EZB die Weiterentwicklung effizienter Regelungen zur Zusammenarbeit an. Die EZB ist der Ansicht, dass ein reibungsloses Zusammenwirken zwischen Aufsichts- und Zentralbankfunktionen eine frühzeitige Beurteilung der Systemauswirkungen einer Krise erleichtern und zu einem effektiven Krisenmanagement auf nationaler und EU-Ebene beitragen wird.

Übereinstimmung mit Basel II im Bereich des operationellen Risikos

49.

Die EZB stellt fest, dass die Bestimmungen des Bankenrichtlinienvorschlags, die das operationelle Risiko betreffen, in einem Umfang von Basel II abweichen, dass dadurch die Wettbewerbsgleichheit beeinträchtigt werden könnte. Die EZB empfiehlt deshalb, den Richtlinienvorschlag in nachstehenden Punkten zu ändern.

50.

Erstens stimmen der Indikator in Anhang X Teil 1 und 2 des Bankenrichtlinienvorschlags, der auf der Grundlage der „letzten sechs Zwölfmonats-Beobachtungen, die in der Mitte und am Ende jedes Geschäftsjahres erfolgen“ berechnet wird, und die Zulassung geschätzter Zahlen, wenn keine geprüften Zahlen verfügbar sind, nicht mit Basel II überein, wonach jährliche Beobachtungen zugrunde zu legen sind. Die EZB begrüßt, dass die im allgemeinen Ansatz des Rates aufgeführten Änderungen von Anhang X, Teil 1, Nummer 3 und Teil 2, Nummer 5 der Richtlinie im Hinblick auf diesen Punkt eine Angleichung der Richtlinie an Basel II darstellen.

51.

Zweitens benachteiligt die vorgeschlagene Berechnung der Eigenkapitalanforderungen gemäß dem Standardansatz EU-Kreditinstitute gegenüber Kreditinstituten aus Drittländern, die den Basel II-Regeln unterliegen. Darüber hinaus könnte dieser Ansatz dem Ziel entgegenwirken, Banken darin zu bestärken, vom Basisindikatoransatz zum Standardansatz zu wechseln. Gemäß Basel II können in jedem Jahr negative Bruttoerträge in bestimmten Geschäftsfeldern zur teilweisen Verrechnung mit positiven Bruttoerträgen in anderen Geschäftsfeldern verwendet werden. Somit wird Konsistenz mit dem Basisindikatoransatz erzielt, nach dem in jedem Jahr ein automatischer Ausgleich zwischen Geschäftsfeldern stattfindet. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass der im Bankenrichtlinienvorschlag gewählte Ansatz zwar vorsichtiger ist, würde aber die Anpassung des Bankenrichtlinienvorschlags an Basel II bevorzugen.

52.

Drittens weichen die Anforderungen in Anhang X Teil 4 des Bankenrichtlinienvorschlags von Basel II ab, da sie die uneingeschränkte dauerhafte Partielle Anwendung für AMAs grundsätzlich gestatten. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass den Einschränkungen des Anwendungsbereichs und der Dauer der Partiellen Anwendung für AMAs in Basel II große Bedeutung beigemessen wurde, um mögliche Kapitalarbitrage und potenzielle Beeinträchtigungen der Wettbewerbsgleichheit zu verhindern. Die EZB teilt die Bedenken des BCBS und empfiehlt, Beschränkungen der Partiellen Anwendung für AMAs als allgemeine Regel und nicht nur für Einzelfälle festzulegen.

53.

Schließlich sehen die in Artikel 155 des Bankenrichtlinienvorschlags enthaltenen Übergangsbestimmungen vor, dass für das Geschäftsfeld Handel („Trading and Sales“) bis zum 31. Dezember 2012 ein Indikator von 15 % angesetzt werden kann, wenn dieses Geschäftsfeld mindestens 50 % der gesamten Indikatoren ausmacht. Dies stellt eine unerwünschte Abweichung von Basel II dar, das eine solche Übergangsbestimmung nicht vorsieht.

Das Rechtsrisiko als Teil des operationellen Risikos

54.

Die EZB stellt fest, dass der Begriff des „Rechtsrisikos“ in Artikel 4 Absatz 22 des Bankenrichtlinienvorschlags als Bestandteil des weiter gefassten Begriffs des „operationellen Risikos“ aufgenommen wird. Die EZB erkennt an, dass das Rechtsrisiko eine wichtige Risikokategorie darstellt, die bei der Eigenkapitalbemessung berücksichtigt werden muss. Die EZB stellt jedoch auch fest, dass der Begriff des Rechtsrisikos im Bankenrichtlinienvorschlag nicht näher bestimmt ist und dass dies deshalb zu Unsicherheiten sowie unterschiedlicher Umsetzung und Anwendung führen könnte. In diesem Zusammenhang wäre es nach Auffassung der EZB sinnvoll, die genauere, in Basel II vorgesehene Formulierung in den EU-Rechtsrahmen aufzunehmen. Nach dieser Formulierung schließt das operationelle Risiko „Rechtsrisiken ein, beinhaltet aber nicht strategische Risiken oder Reputationsrisiken“ (Basel II, Absatz 644). Die Fußnote zu diesem Absatz in Basel II lautet wie folgt: „Rechtsrisiken beinhalten unter anderem die potenzielle Verpflichtung zu Bußgeldern, Geldstrafen oder Straf(-zahlung)en resultierend aus aufsichtsrechtlichen Maßnahmen oder privatrechtliche[n] Vereinbarungen“. Es wäre zweckdienlich, dies in einen Erwägungsgrund des Bankenrichtlinienvorschlags aufzunehmen.

55.

Eine allgemeine Definition des Rechtsrisikos würde eine angemessene Risikobewertung und ein geeignetes Risikomanagement vereinfachen und eine einheitliche Vorgehensweise der EU-Kreditinstitute gewährleisten. Ferner wäre es sinnvoll zu untersuchen, in welchem Umfang man berücksichtigen sollte, dass Rechtsrisiken ihrer Natur nach unvorhersehbar sind und grundsätzlich keinem bestimmten Muster folgen. Darüber hinaus müsste das Management des Rechtsrisikos mit dem Management des operationellen Risikos in seiner Gesamtheit in Einklang stehen. Deshalb schlägt die EZB vor, dass der CEBS weitere Arbeiten unternimmt, um die Definition des Rechtsrisikos klarzustellen.

56.

Die EZB stellt fest, dass die Anforderungen an die Rechtssicherheit bei den Kreditrisikominderungstechniken, die in den Anhängen VII bis IX des Bankenrichtlinienvorschlags aufgeführt sind, als Verringerung der mit der Verwendung dieser Techniken verbundenen Rechtsrisiken angesehen werden können. Der Grund hierfür ist, dass diese Anforderungen nicht unmittelbar die Berechnung der risikogewichteten Aktiva, sondern vielmehr die Frage betreffen, ob die Kreditrisikominderungstechniken eine solide Rechtsgrundlage haben. Vor dem Hintergrund des Anhangs X, Teil 3, Abschnitt 1.2, Nummer 14 des Bankenrichtlinienvorschlags geht die EZB allerdings davon aus, dass Verluste aufgrund von rechtlichen Fehlern bei den Kreditrisikominderungstechniken nicht den Eigenkapitalanforderungen für das operationelle Risiko unterliegen, wenn diese Verluste bei der Berechnung der Mindesteigenkapitalanforderungen als Kreditrisiko behandelt werden.

Eigenkapitalanforderungen für bestimmte Wertpapierfirmen

57.

Gemäß Artikel 20 des Kapitaladäquanzrichtlinienvorschlags verfügen die zuständigen Behörden über einen Ermessensspielraum, bestimmte Wertpapierfirmen von Eigenkapitalanforderungen für das operationelle Risiko freizustellen. In Erwägungsgrund 22 des Richtlinienvorschlags wird jedoch hervorgehoben, dass „Kreditinstitute ein erhebliches operationelles Risiko [tragen], das durch Eigenmittel unterlegt werden muss“. Die Kommission hat diesen Ermessensspielraum auf der Grundlage einer im Juli 2004 veröffentlichten Studie (24) in den Richtlinienvorschlag aufgenommen, und der Ermessensspielraum wurde geschaffen, um die Auswirkungen der Eigenkapitalanforderungen für das operationelle Risiko auf die Gesamteigenkapitalanforderungen an diese Wertpapierfirmen zu mildern. Die EZB merkt an, dass sich die Verfasser dieser Studie relativ vorsichtig zu der Frage geäußert haben, ob eine Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für Wertpapierfirmen aufgrund der Einführung einer Eigenkapitalanforderung für das operationelle Risiko als unverhältnismäßig anzusehen ist. Darüber hinaus wird in der Studie erwähnt, dass die verwendeten Daten scheinbar unvollständig waren. Die EZB möchte auch darauf hinweisen, dass die Ermessensabhängigkeit und Firmenspezifität der Ausnahmen nach dem Kapitaladäquanzrichtlinienvorschlag die Wettbewerbsgleichheit in dreifacher Hinsicht beeinträchtigen kann, nämlich die Wettbewerbsgleichheit zwischen Wertpapierfirmen unterschiedlicher Art, zwischen Wertpapierfirmen gleicher Art, die Wettbewerber auf grenzüberschreitender Ebene sind, sowie zwischen Wertpapierfirmen und Kreditinstituten. Die EZB schlägt deshalb vor, dass die Kommission rechtzeitig eine Überprüfung der Auswirkungen dieser Freistellungen und ihrer Anwendung durch die zuständigen Behörden vornimmt, und dass eine entsprechende Bestimmung in den Kapitaladäquanzrichtlinienvorschlag aufgenommen wird.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 17. Februar 2005.

Der Präsident der EZB

Jean-Claude TRICHET


(1)  KOM(2004) 486 endg., Teile I und II sowie Technische Anhänge.

(2)  ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1 (nachfolgend die „Kodifizierte Bankenrichtlinie“). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/69/EG der Kommission (ABl. L 125 vom 28.4.2004, S. 44).

(3)  ABl. L 141 vom 11.6.1993, S. 1 (nachfolgend die „Kapitaladäquanzrichtlinie“). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/39/EG (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1).

(4)  Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, „Internationale Konvergenz der Kapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen: Überarbeitete Rahmenvereinbarung“, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Juni 2004. Diese Rahmenvereinbarung kann auf der Website der BIZ abgerufen werden.

(5)  Siehe insbesondere die Anmerkungen der EZB vom 31. Mai 2001 zum zweiten Konsultationspaket des BCBS, die Antwort der EZB von August 2003 auf das dritte Konsultationspapier des BCBS (CP3) sowie die Anmerkungen der EZB von November 2003 zum dritten Konsultationspapier der Europäischen Kommission über die Überarbeitung des aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals (nachfolgend das „Dritte Konsultationspapier“). Diese Dokumente können auf der Website der EZB abgerufen werden.

(6)  Die EZB weist darauf hin, dass der Rat Wirtschaft und Finanzen während seiner Tagung am 7. Dezember 2004 eine Einigung über einen allgemeinen Ansatz hinsichtlich der Richtlinienvorschläge (nachfolgend der „allgemeine Ansatz des Rates“) erzielt hat. Der Rat Wirtschaft und Finanzen hat die Präsidentschaft des Rates ersucht, weiterhin mit Vertretern des Europäischen Parlaments in Kontakt zu bleiben, um die Möglichkeit zu erörtern, die Richtlinienvorschläge in erster Lesung zu verabschieden. Der allgemeine Ansatz des Rates behandelt auch einige Punkte, die die EZB in dieser Stellungnahme aufgreift. Gegebenenfalls wird auf den allgemeinen Ansatz des Rates verwiesen.

(7)  Stellungnahme CON/2004/7 der EZB vom 20. Februar 2004 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 85/611/EWG, 91/675/EWG, 93/6/EWG und 94/19/EG des Rates sowie der Richtlinien 2000/12/EG, 2002/83/EG und 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer neuen Ausschussstruktur im Finanzdienstleistungsbereich (ABl. C 58 vom 6.3.2004, S. 23).

(8)  Siehe Seite 12 der Pressemitteilung der 2580. Tagung des Rates Wirtschaft und Finanzen am 11. Mai 2004 in Brüssel, die auf der Website des Rates abgerufen werden kann.

(9)  Der wachsende Anteil von ausländischen Zweigstellen und Tochterunternehmen an den gesamten Aktiva des Bankensektors, der 2003 über 20 % betrug, deutet auf die zunehmende Bedeutung grenzüberschreitender Tätigkeiten hin. Siehe den „Report on EU Banking Structure“ (Bericht über die Bankenstruktur in der EU) der EZB von November 2004, der auf der Website der EZB abgerufen werden kann.

(10)  „Bedeutend“ bezieht sich entweder auf die relative Bedeutung der Tochterunternehmen für die gesamte Gruppe oder auf die relative Bedeutung der Tochterunternehmen für das Bankensystem des Gastlandes.

(11)  Es könnte eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsgleichheit vorliegen, wenn der IRB-Ansatz einiger Banken durch die für die Aufsicht auf konsolidierter Basis zuständige Aufsichtsbehörde, der IRB-Ansatz anderer Banken jedoch durch die nationalen Aufsichtsbehörden validiert würde.

(12)  Europäische Kommission: „Review of the Capital Requirements for Credit Institutions and Investment Firms, Third Quantitative Impact Study: EU Results“ (Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, Dritte Quantitative Auswirkungsstudie: EU Ergebnisse), 1. Juli 2003; diese Studie kann auf der Website der EZB abgerufen werden.

(13)  PricewaterhouseCoopers, MARKT/2003/02/F, „Study on the financial and macroeconomic consequences of the draft proposed new capital requirements for banks and investment firms in the EU“ (Studie über die Auswirkungen des Vorschlagsentwurfs über die neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken und Investmentfirmen auf den Finanzdienstleistungssektor und die Gesamtwirtschaft in der EU), 8. April 2004.

(14)  Der Standardansatz ist in den Artikeln 78 bis 83 des Bankenrichtlinienvorschlags festgelegt. Der IRB-Basisansatz ist ein IRB-Ansatz im Sinne der Artikel 84 bis 89 des Bankenrichtlinienvorschlags, bei dem ein Kreditinstitut jedoch gemäß Artikel 84 Absatz 4 eigene Schätzungen der Verlustquoten bei Ausfall und/oder eigene Umrechnungsfaktoren verwendet.

(15)  Die im Bankenrichtlinienvorschlag vorgesehene Solokonsolidierung wird in Basel II nicht geregelt. Gemäß Basel II Absatz 23 müssen die Aufsichtsbehörden prüfen, „ob die einzelnen Banken einer Bankengruppe auch jeweils für sich ein angemessenes Eigenkapital aufweisen“.

(16)  Diese Ausnahme gilt nur für den Standardansatz. Sie kann aufgrund einer bestimmten Art der dauerhaften Partiellen Anwendung jedoch auch für Kreditinstitute gelten (Artikel 89 Absatz 1 Buchstabe e des Bankenrichtlinienvorschlags).

(17)  Basel II gilt für international tätige Banken auf jeder Ebene der Bankengruppe auf konsolidierter Basis. Dies bedeutet, dass ein Tochterunternehmen, das eine international tätige Bank ist, Eigenkapital zur Deckung von Kreditforderungen gegenüber anderen Unternehmen einer Gruppe halten muss, die keine Tochterunternehmen dieses Tochterunternehmens sind. Nach Basel II ist eine Freistellung von diesen Eigenkapitalanforderungen nicht gestattet.

(18)  „Statement of Principles Regarding the Activities of Credit Rating Agencies“ (Erklärung über die Grundsätze für die Tätigkeiten der Ratingagenturen). Dieses Dokument kann auf der Website der IOSCO abgerufen werden.

(19)  „CESR's technical advice to the European Commission on possible measures concerning credit rating agencies — Consultation Paper“ (Technische Stellungnahme des CESR auf Ersuchen der Europäischen Kommission zu möglichen Maßnahmen betreffend Ratingagenturen — Konsultationspapier), 30. November 2004. Dieses Dokument kann auf der Website des CESR abgerufen werden.

(20)  „Um auf potenzielle Bedenken bezüglich der Zyklizität des IRB-Ansatzes zu reagieren, hat sich der Ausschuss darauf geeinigt, dass die Durchführung aussagekräftiger, konservativer Kreditrisiko-Stresstests durch die Banken nach dem IRB-Ansatz verlangt werden sollte, um sicherzustellen, dass die Banken ausreichende Eigenkapitalpuffer im Rahmen der zweiten Säule der neuen Eigenkapitalvereinbarung halten“, Pressemitteilung des BCBS vom 10. Juli 2002. Dieses Dokument kann auf der Website der BIZ abgerufen werden.

(21)  Wirtschafts- und Finanzausschuss, „Report on financial crisis management“ (Bericht über Finanzkrisenmanagement) vom 17. April 2001, Economic Paper Nr. 156, Juli 2001. Dieses Dokument kann auf der Website der Kommission abgerufen werden.

(22)  Artikel 50 des Bankenrichtlinienvorschlags, mit dem Artikel 30 Absatz 9 der Kodifizierten Bankenrichtlinie teilweise neugefasst wird, gestattet Mitgliedstaaten „die Weitergabe [vertraulicher aufsichtlicher] Informationen an andere Dienststellen ihrer Zentralbehörden, die für die Rechtsvorschriften über die Überwachung der Kreditinstitute, der Finanzinstitute, der Wertpapierdienstleistungen und der Versicherungsgesellschaften zuständig sind, sowie an die von diesen Dienststellen beauftragten Inspektoren“.

(23)  Vgl. die Pressemitteilung der EZB vom 10. März 2003. Dieses Dokument kann auf der Website der EZB abgerufen werden.

(24)  Europäische Kommission „Review of the Capital Requirements for EU Investment Firms — 2004 Quantitative Impact Study — Main Conclusions“ (Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften für EU-Wertpapierfirmen – Quantitative Auswirkungsstudie 2004 – Wesentliche Schlussfolgerungen), ohne Datum. Dieses Dokument kann auf der Website der Kommission abgerufen werden.


nach oben